Interview zu Tansania und "Juma"
2002 führte Felicia Herrschaft das folgende Interview mit mir zu Tansania, meiner Arbeit in den verschiedenen Straßenkinderprojekten und meinem Buch "Juma - ein Straßenkind aus Tansania" durch.
Interview mit Nasrin Siege
Juma
Felicia Herrschaft: In Tansania kann man von einer funktionierenden Nationenbildung ausgehen, aufgrund der Entscheidung eine Nationalsprache zu etablieren, das Kiswaheli und Beamte regelmäßig zu versetzen. Welche Situation hast du in den Achtzigern vorgefunden, als du in Tansania angekommen bist? Was hat sich seitdem verändert?
Nasrin Siege: Als ich das erste Mal nach Tansania kam, von 1983 bis 1985, lebte ich in Tanga. Nyerere war der erste Präsident nach der Unabhängigkeit Tansanias und hatte damals bereits ein sozialistisches System etabliert. Mir fiel vor allem die große Armut und die schlechte Versorgungslage im Lande auf: Die meisten Tansanier hatten keine gute Kleidung, Grundnahrungsmittel waren knapp, es gab lange Schlangen von Käufern vor den Geschäften, wenn es z.B. wieder einmal Kochöl zu den staatlich festgesetzten Preisen zu kaufen gab. Aufgrund der schlechten Versorgungslage gab es einen Schwarzmarkt, auf dem man alle möglichen Lebensmittel und Medikamente zu hohen Preisen bekommen konnte.
Neben der schlechten Versorgungslage gab es jedoch Dinge, die das Leben der Menschen bis zu einem gewissen Grad erleichterten: Die medizinische Hilfe in den Krankenhäusern war unentgeltlich und für den Schulbesuch der Kinder mussten die Eltern keine Schulgebühren bezahlen. Allerdings war die Qualität beider Dienste miserabel. Medikamente wurden auf dem Schwarzmarkt verkauft, die Lehrer bekamen ihre Gehälter nur unregelmäßig.
Eine Lücke zwischen arm und reich war zu dieser Zeit nicht so leicht sichtbar.
Als ich 1993 zum zweiten Mal nach Tansania kam, wurde gerade das Multiparteiensystem in Tansania eingeführt und mit ihr schrittweise die Marktwirtschaft, sichtbar durch die immer größeren Veränderungen im Straßenbild: Überall wurde gebaut. Es entstanden Villen und Supermärkte und Geschäfte. Die Menschen hatten mehr Zugang zu Luxusgütern und äußerlich konnte ich nun die Wohlhabenden von den Armen unterscheiden. Denn nun gab es und gibt es Kleidung zu kaufen … für die, die das Geld dafür haben. Trotz der Schulpflicht schickten nun viele Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Schule – sie hatten einfach nicht das Geld für die nun vom Staat erhobenen Schulgebühren. An dieser Stelle muss ich noch hinzufügen, dass die Schulgebühren für die Primarschulen seit Januar 2003 wieder abgeschafft worden sind. Das bedeutet eine immense Erleichterung für arme kinderreiche Familien. Ein besonders großes Problem in Tansania ist der Anstieg der Zahl der AIDS-Opfer und der Zahl der AIDS-Waisen.
Im traditionellen System der Großfamilie haben sich vor allem die Onkel und Tanten um die Waisen gekümmert. Diese, die Gruppe der 25-40-Jährigen, gehören aber – wie die Elterngeneration – zu der Gruppe, die am meisten von AIDS bedroht ist:
Felicia Herrschaft: Die Waisen – und Straßenkinder fallen aus traditionellen Zusammenhängen heraus und landen deshalb auf der Strasse, weil Familienclans als Communities nicht mehr funktionieren?
Nasrin Siege: Ja genau, sie fallen aus traditionellen Zusammenhängen heraus und sind sich selbst überlassen. Das hat wie ein Schock auf die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gewirkt. Der Staat war und ist offensichtlich nicht in der Lage, die wachsende Zahl von Waisenhäusern aufzubauen. Stattdessen sind allmählich neue Wege und Ansätze entwickelt worden, mit denen eine große Zahl von Waisen aufgefangen werden sollen. Fast alle diese Ansätze sind aus der Gesellschaft heraus entstanden. Ein Beispiel dafür ist das sog. „Mama Mkubwa Model“. Die „Mama Mkubwa“ ist die große Schwester der Mutter, die sich nach dem Tod der Schwester der Tradition nach sich ihrer Waisen annehmen würde. Entstanden ist dieses Modell durch die Initiative einer Gruppe von Frauen in einem kleinen Dorf, die sich mit einer politischen Frauenorganisation in der Gegend, in der sie lebten, zusammen getan hatten. Jede dieser Frauen übernahm die Rolle der Mama Mkubwa für eine bestimmte Anzahl von Waisen oder Waisenkinderfamilien in dem Dorf, in dem sie lebten. Die Initiative wurde vom NACP (National Aids Control Programme) aufgegriffen und unterstützt. Mittlerweile gibt es mehrere Mama Mkubwa-Gruppen im ganzen Land. Kinder, die von diesen Frauen versorgt werden, landen selten auf der Straße.
Felicia Herrschaft: Die Geschichte von „Juma“ handelt von einem Kind, das aus seiner Familie flieht, nachdem die Mutter gestorben ist und der Vater ihn schlägt und er dann für die Stiefmutter arbeiten muss, eine typische Märchensituation…
Nasrin Siege: …und nicht in die Schule gehen kann- dann stirbt der kleine Bruder. Es entsteht eine Situation, in der seine Familie für ihn unerträglich wird. Das ist eine Geschichte, die realistisch ist. Ich habe sehr viele Gespräche geführt mit Straßenkindern, die mir Ähnliches erzählt haben. Armut spielt eine große Rolle und ist häufig der Grundboden, auf dem dann viele Probleme - wie z.B. Gewalt, Krankheit, mangelhafte Krankenversorgung, Schul-Drop-Outs- wachsen. Der Vater in der Geschichte von Juma nimmt sich eine zweite Frau, die wiederum drei Kinder hat. Die Familie ist arm, die Frau kümmert sich nur um ihre eigenen Kinder und nicht um Juma und den kleinen Bruder. Er muss arbeiten und wird nicht in die Schule geschickt, weil es nur für den ältesten Sohn der Frau reicht. Das sind Situationen, die den Erzählungen der Kinder entsprechen. Ich habe zu Beginn meiner Arbeit mit den Straßenkindern mit Märchenerzählen in dem Projekt angefangen. Ich habe ihnen afrikanische Märchen erzählt, die ich in Sambia gesammelt hatte. Viele Geschichten handelten von der bösen Stiefmutter und von der Gewalt von Erwachsenen gegenüber Kindern. Meine erzählten Märchen führten dann wieder dazu, dass die Kinder mir ihre eigenen Geschichten erzählten. Es gab in der Realität Parallelen zu den Märchen. Immer wieder hörte ich von den Stiefeltern, die die eigenen Kinder bevorzugten; von Gewalt in den Familien und wie es dazu kam, von Zuhause wegzulaufen. Und dabei gewann ich immer mehr den Eindruck, dass die Kinder, die von zu Hause weggehen, weil die Situation für sie unerträglich geworden ist, einen ganz starken Überlebenswillen haben. Sie wollen sich nicht mehr ducken, sie wehren sich gegen die Gewalt und sie entscheiden sich für sich selbst, indem sie sich sagen: Ich gehe weg.
Felicia Herrschaft: Juma lebt dann in Dar es Salaam auf der Straße und dort wird das Dogodogo Zentrum eingerichtet. Wichtig ist für die Straßenkinder, ob sie diesem Projekt vertrauen können oder nicht? Viele Kinder beharren auf ihrer Autonomie, vermeiden das Zentrum und lehnen Hilfe ab.
Nasrin Siege: Das Dogodogo-Zentrum - wie auch alle anderen Straßenkinderprojekte - muss das Vertrauen der Kinder gewinnen. Das Problem ist ja, dass die Kinder ihr Vertrauen gegenüber den Erwachsenen verloren haben. Es braucht Zeit, bis sie zu den Menschen, die ihnen helfen wollen, wieder Vertrauen fassen lernen. Sie fragen sich: „Warum will der mir helfen?“ Sie haben ja erlebt, dass sogar Menschen aus ihren eigenen Familien ihnen nicht geholfen haben. Sie haben mit Erwachsenen auf der Straße schlimme Sachen erlebt, sind verprügelt und vergewaltigt worden. Das Dogodogo-Zentrum hat mit der Zeit eine Vertrauensbasis zu den Kindern aufgebaut und diese wiederum waren und sind die besten Streetworker des Projekts. Die Kinder des Projekts sprechen „neue“ Straßenkinder an und bringen sie zum Zentrum, wenn diese krank sind oder ein anderes Problem haben. Manche der neuen Kinder bleiben, andere brauchen länger Zeit, um Vertrauen aufzubauen und die Projektmitarbeiter hoffen, dass sie wiederkommen.
Die Vertrauensbildung hängt auch davon ab, wie lange ein Kind auf der Strasse gelebt hat. Je länger, desto schwieriger ist es, dieses Kind wieder „zurück zu gewinnen“. Kinder die ganz kurz auf der Strasse sind, sind eher bereit, sich helfen zu lassen, als Kinder und Jugendliche, die schon viele Jahre auf der Strasse gelebt haben.
Felicia Herrschaft: Welche Projekte werden von Hilfe für Afrika unterstützt?
Nasrin Siege: Inzwischen unterstützt der Verein neben dem Dogodogo-Zentrum das Straßenkinder Projekt "Child in the Sun", das „Kwetu Mbagala Mädchenprojekt“, das „Pilot-Projekt im Remand Home“ (Kinderuntersuchungsgefängnis) und einige weitere kleine Initiativen. Child in the Sun hat ein Drop-in -Zentrum und zwei Trainingszentren. Das Projekt verfügt über eine eigene Schule mit eigenen Lehrern und bietet Training in Landwirtschaft, Hausbau, Schreinerei, Schneiderei und Metallarbeiten an. Dieses Projekt hat das Ziel, die Jugendlichen wieder in die dörflichen Regionen zurückzubringen: Sie lernen, im möglichst eigenen Dorf ein Stück Land zu bearbeiten, ein eigenes Haus zu bauen, sich ihre eigene Tür, einen Stuhl und einen Tisch zu schreinern – und mit Hilfe der Landwirtschaft sich eine eigene Existenz aufzubauen.
Das "Kwetu-Girl's Centre" ist ein Projekt für Mädchen, das zur Heilsarmee gehört. Es hat lange gedauert, bis das Projekt die notwendige finanzielle Unterstützung für den Aufbau fand. Warum? Ich denke, vielleicht weil Straßenkinder-Mädchen in der Gesellschaft nicht so negativ auffallen oder als zukünftige Bedrohung angesehen werden. Im Unterschied zu den Jungen neigen sie weniger zur Gewalt. Im Gegenteil, sie sind häufiger Opfer von Gewalt als Jungen und oftmals Opfer von älteren Straßenjungen. Viele Mädchen sind in Prostitution, verwickelt. Um zu überleben, bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig, als sich selbst anzubieten. Mädchen sind dadurch auch besonders stark von Aids bedroht.
„Mädchen sind für die Projekte sehr schwierig zu handhaben“, wurde mir immer von Sozialarbeitern gesagt. „In einem Mädchenprojekt müssten wir immer aufpassen, dass sich keine Jungen einschleichen oder dass die Mädchen nicht weglaufen, weil sie irgendwelche Freunde haben.“
Ein weiteres Projekt, das wir von Hilfe für Afrika unterstützt haben, ist das Remand Home –Pilot-Projekt. Ein Remand Home ist ein Kinderuntersuchungsgefängnis, in dem Kinder im Alter von acht bis sechszehn Jahren untergebracht werden. Sie warten dort, bis ihr Fall vor Gericht entschieden wird. Manche verbringen dort Jahre, was eigentlich nicht dem Gesetz entspricht. Durch meine Arbeit in den verschiedenen Straßenkinderprojekten habe ich immer wieder Kinder im Remand Home besucht und dabei einen Eindruck von der Situation dort gewonnen. Die Kinder waren eingesperrt, die Jungen in einem und die Mädchen in einem anderen Raum. Sie hatten keine Möglichkeit, sich draußen zu bewegen, keinen Unterricht, waren schlecht ernährt und bekamen keine adäquate medizinische Hilfe, wenn sie krank wurden. Die Mitarbeiter waren überhaupt nicht geschult und hatten keinerlei Ahnung von dem Hintergrund der Kinder und wie man mit ihnen umgehen sollte. Im Gegenteil, sie sagten, dass sie Angst vor den Kindern hätten, denn das wären ja Kriminelle und gehörten weggesperrt. Es gab eine Gittertür am Haupteingang zu der Einrichtung. Diese Gittertür war die Grenze: Die Mitarbeiter saßen auf der einen Seite von der Gittertür und die Kinder auf der anderen und nur wenn es unbedingt sein musste, ging dann ein Mitarbeiter zu den Kindern. Es hieß damals, dass es im Remand Home in Dar-Es- Salaam sechs Krankenschwestern gäbe. Beim genaueren Hinsehen stellte ich fest, dass das keine ausgebildeten Frauen waren. Sie fungierten einfach wie Wachleute und saßen ihre Zeit hinter der Gittertür ab, bis sie wieder nach Hause gehen konnten. Es gab kaum eine Interaktion zwischen ihnen und den den Kindern.
Im Dezember 2000 habe ich Kontakt mit dem Commissioner for Social Welfare aufgenommen und mich dem Department als unbezahlte Beraterin für den Aufbau eines Pilotprojekts im Remand Home angeboten. Der Commissioner hatte von meiner Arbeit im Dogodogo Straßenkinder Projekt gehört und brachte mich mit seinen Mitarbeitern zusammen. Die erste Finanzierung des Pilot Projekts wurde vor allem durch die Spenden von Hilfe für Afrika getragen. Das Pilot Projekt sollte nicht nur die Situation im Dar es Salaam Remand Home, sondern auch in den anderen vier Remand Homes in Tansania verändern. Im zweiten Jahr des laufenden Projekts wurde ein Nationales Programm formuliert, das von der Regierung übernommen wurde. Inzwischen hat sich die Situation im Remand Home in Dar es Salaam gravierend verändert: Unterricht findet statt, Kinder machen Sport und haben die Wände mit Kinderrechtsbildern bemalt. Sie werden medizinisch betreut. Das Personal ist ausgebildet. Aber auch in den anderen Remand Homes finden Veränderungen statt. Seit Januar 2003 wird das Nationale Programm in den anderen Remand Homes umgesetzt.
Felicia Herrschaft:Wenn Kinder wie in Ruanda traumatisiert sind durch einen Genozid. Wie geht man damit um?
Nasrin Siege: In Ruanda gibt es Straßenkinderprojekte, die erst nach dem Genozid zu Projekten mit Wohn- und Ausbildungsprogrammen wurden. 1999 habe ich im Rahmen einer Evaluierung verschiedene Straßenkinderprojekte in Butare (Ruanda) besucht. Die meisten dieser Projekte hatten vor dem Genozid keine Shelter-Programme gehabt. Damals hatten sie Angebote für Straßenkinder, wie z.B. einmal in der Woche Unterricht im Lesen und Schreiben oder Fußballspielen. Bei diesen Treffen gab es dann auch etwas zu essen. Die Organisatoren wollten keine Institution aufbauen, sondern die Kinder beraten und ihnen helfen, in ihre Heimatdörfer zurückzugehen. Der Völkermord bedeutete einen gravierenden Einschnitt für alle Beteiligten und veränderte die spätere Projektarbeit: Viele Kinder und Jugendlichen waren Zeugen der Ermordung ihrer Eltern, Verwandten und Nachbarn gewesen. Manche von ihnen waren selbst beteiligt an Morden. Viele sind dann geflüchtet und außer Landes gegangen und kamen nach dem Genozid in kleinen Grüppchen zurück. Plötzlich war Butare überflutet von traumatisierten und aggressiven Jugendlichen. Aber es waren ja nicht nur die Jugendlichen traumatisiert, sondern auch die Erwachsenen. Die Erwachsenen hatten genau das gleiche erfahren und erlebt wie die Jugendlichen. Das ganze Land war traumatisiert.
Die Hilfsorganisationen haben den Projekten Zelte zur Verfügung gestellt, in denen die Kinder und Jugendlichen wohnen konnten. Die alten Projekte haben sich neu formiert und neue Projekte sind entstanden. All diese Projekte haben ähnliche Programme wie die in Tansania, mit Unterkunft, Schulausbildung, Training und Werkstätten. Alle Projekte, die ich damals kennen lernte, versuchten den Kindern und Jugendlichen bei der Bewältigung ihrer Traumata mit Maltherapie und Gesprächen zu helfen. Es gab ein Projekt in einem Museum, initiiert von dem damaligen Museumsdirektor. Er startete im Museum ein Projekt, in dem Waisenkinder in traditionellem Handwerk - wie Körbe flechten, Perlenarbeiten, Töpferei, Schmiedetechniken – ausgebildet wurden. Normalerweise würde die jüngere Generation diese traditionellen Handwerksberufe von der älteren Generation erlernen. Doch viele Angehörige der älteren Generation waren dem Völkermord zum Opfer gefallen. Der Museumsdirektor stellte ältere Männer und Frauen an, die einer großen Gruppe von Kindern ihr Wissen und ihre Fertigkeiten weitergeben sollten. Da die Kinder Ernährung, medizinische Versorgung und Schulausbildung brauchten, wurden im Rahmen dieses Projekts die entsprechenden Programme hinzugefügt. Dieses Projekt bekam finanzielle Unterstützung von verschiedenen Hilfsorganisationen.
Felicia Herrschaft: Wie kann man die Situation für Straßenkinder allgemein verbessern?
Nasrin Siege: Wichtig ist vor Allem, das Image der Straßenkinder in der Öffentlichkeit zu verbessern. Wenn Kinder Hunger haben und auf der Strasse leben, dann werden sie gucken, dass sie irgendetwas zu essen finden. Solange die Gesellschaft ihnen nicht hilft, wird die Gesellschaft ihre Vorurteile bestätigt sehen. Das heißt also, dass die Einstellung der Menschen und der gesellschaftlichen Gruppen ihnen gegenüber verändert werden muss. Um die Einstellung zu verändern, müssen die Menschen informiert werden über z.B. die Gründe, warum Kinder auf der Straße leben. In Tansania haben wir oftmals das Problem, dass das negative Bild der Straßenkinder durch die Presse verstärkt wird. Alle Straßenkinderprojekte, die ich kennengelernt habe, laden immer wieder Journalisten ein, um ihnen von ihrer Arbeit zu berichten, mit der Hoffnung, dass die Informationen, die diese von ihnen erhalten, an die Öffentlichkeit weitergegeben wird. Je mehr und besser die Tansanier von der Situation der Straßenkinder erfahren, umso eher sind sie bereit, einen eigenen Beitrag zur Hilfe zu leisten. Und ich denke, dass jede Hilfe, die aus der Bevölkerung kommt, dazu beiträgt, dass die Situation der Kinder insgesamt verbessert wird: Als Prophylaxe in dem Sinne, dass weniger Kinder auf die Straße gehen und als Hilfe zur Reintergration in die Gesellschaft.
Vielen Dank für das Gespräch.
Informationen über Hilfe für Afrika e.V. finden Sie unter:
Nasrin Siege wurde 1950 im Iran geboren und kam als Neunjährige in die Bundesrepublik. Sie wuchs in Hamburg und Flensburg auf, studierte Psychologie und Pädagogik in Kiel und arbeitete als Psychotherapeutin in einer Suchtklinik in Friedrichsdorf im Taunus. Seit 1983 hält sich Nasrin Siege mit ihrem Ehemann, einem deutschen Entwicklungshelfer, immer wieder für längere Zeit in Afrika auf. Sie arbeitet als freischaffende Schriftstellerin, beschäftigt sich mit traditionellen Heilmethoden, sammelt Märchen und befasst sich mit afrikanischer Kunst. In Tansania engagierte sie sich in verschiedenen Straßenkinderprojekten und als Beraterin im Kinderuntersuchungsgefängnis von Dar es Salaam. Sie ist
Mitgründerin von Hilfe für Afrika. Nasrin Sieges Texte bringen Vorurteile gegenüber fremden Kulturen zur Sprache, brechen Rollenklischees auf und setzen sich mit der
Lebenssituation von Kindern in unterschiedlichen Kulturen auseinander.
Bücher von Nasrin Siege bei Beltz&Gelberg:
“Sombo”, 1990
“Wie der Fluss in meinem Dorf”, 1994
“Shirin”, 1996
“Juma, ein Straßenkind aus Tansania”, 1998
Mehrere Beiträge in Anthologien, in den Jahrbüchern und der Kinderzeitschrift “Der Bunte Hund” von Beltz&Gelberg.
Bücher von Nasrin Siege bei anderen Verlagen:
"Hyänen im hohen Gras, 2004, Brandes&Apsel
"Leben auf eigene Faust. Straßenkindergeschichten aus vier Kontinenten." Brandes&Apsel, 2001
“Kalulu und andere afrikanische Märchen” (Brandes&Apsel), 1993
“Der Tag des Regenbogens” , Brandes&Apsel, 1995
“Inseln in der Stadt” in Anthologie “Leben auf eigene Faust”, Straßenkindergeschichten aus vier Kontinenten. Brandes & Apsel Verlag, 1999
Gedichte und eine Erzählung in “Mir fremd, doch nah”, vom Miteinander in Hessen, Herausgegeben von Hans Eichel, Die Hessen-Bibliothek im Insel
Verlag, 1993.
Beitrag im “Gegensteuern”, Handbuch für AntirassistInnen und solche, die es werden wollen. Hrsg.: IAF-Frankfurt, 1992
Kinderbuch-Preis der Ausländerbeauftragten des Berliner Senats Barbara John, 1994 für die ersten zwei Kinderbücher beim Beltz&Gelberg.