Illustrations-Workshop mit Barbara Nascimbeni
Kennen gelernt habe ich Barbara Nascimbeni 2002 in Tansania. Sie hatte über eine Freundin erfahren, dass ich in Dar-es-Salaam lebte, wußte von meinen Büchern, den Straßenkindern und kontaktierte mich nun, um sich mit mir zu treffen. Aus dieser Begegnung wurde Freundschaft! Die Situation der Straßenkinder ging Barbara sehr nahe und in den folgenden Jahren, wenn immer wir uns in Deutschland oder auf Skype trafen, kamen wir darauf zurück. Als ich Barbara von meiner Geschichte Wenn der Löwe brüllt erzählte, sagte sie spontan, dass sie sie gerne illustrieren würde. Obwohl wir noch keinen Verlag für die Geschichte hatten - sie handelt von einem Tag im Leben von zwei kleinen Straßenjungen - machte Barbara sich an die Arbeit.
2008 suchten und fanden wir im Peter-Hammer-Verlag eine Heimat für unser gemeinsames Buch, das inzwischen auch in Dänisch und Norwegisch erschienen ist.
Zwei weitere Bücher folgten: 2016 erschienen meine Vorlesegeschichten Der Honigvogel mit den Illustrationen von Barbara Nascimbeni im Razamba Verlag und 2019 Morgen kommt die Hyäne zum Essen mit Illustrationen von Barbara Nascimbeni und Kerstin Meyer im Verlag Beltz & Gelberg.
2014 besuchte Barbara mich in Äthiopien, wo ich von 2008 bis 2016 lebte und hier zwei Projekte mit Beratung und mit Spenden von Hilfe für Afrika e.V. bis heute unterstütze.
Diesmal führte Barbara Nascimbeni, zusammen mit dem äthiopischen Künstler Miniyas Girma drei Illustrations-Workshops durch:
Einen Workshop mit Kunststudenten der Entoto Polytechnischen Hochschule in Addis Abeba, einen Workshop mit den blinden und sehbehinderten Frauen und Männern des Projekts "Together!" und einen Workshop mit den Kindern von"Let me be a child".
Am 25-26-27 März 2014 fand zunächst die Illu-Werkstatt mit elf Kunststudenten, organisiert vom Goethe Institut Addis Abeba statt. Das Thema des Workshops war die « Erstellung von Collagen zu Strassenszenen in Addis Abeba als Leporello". Ein Leporello ist ein Faltbuch bzw. ein faltbares Heft in Form eines länglichen Papiers, das wie eine Zieharmonika zusammengefaltet wird.
Es kann flach als Buch geblättert werden oder als Objekt stehen, und es ist auf beiden Seiten lesbar. Für diese Arbeiten wurden unterschiedliche Materialien - farbiges Papier, alte Zeitungen und Zeitschriften, Karton,Verpackungen mit Schrift und Farbe, Stadtpläne und Karten, unterschiedliches Papier, wie z.B. mit integriertem Muster, Schmirgelpapier u.a.m. - verwendet. Dabei standen der spielerisch-experimentelle Umgang mit Collage im Vordergrund.
Mit ihren Arbeiten entfalteten die jungen Künstler das tägliche Leben der Stadt über die Seiten der verschiedenen Leporellos, entweder als Kontinuität oder in unterschiedlischen Bildern und Geschichten. Am dritten Tag des Workshops präsentierten Barbara und Miniyas, zusammen mit den Kunststudent*innen, die Bücher/Leporellos im Goethe Institut.
Spannend waren auch die drei Arbeitstage in „Together!“ Die Gruppe bestand hier aus zwölf Frauen und Männern. Die Anfangsidee war, an klappbaren Karten mit der Technik der Collage zu arbeiten.
Dafür hatten Barbara, Miniyas und ich alles mögliche an Materialien gesammelt und Barbara hatte einiges aus Deutschland mitgebracht. Dazu gehörten Kartons und Papiere mit unterschiedlichen Oberflächen und Farben, Filz, Schmirgelpapier, Aluminiumfolie, Stoffe, Schwämme, Wolle, Fäden, Korken, Perlen, getrocknete Blätter, Muscheln, Steine, getrocknete Linsen und Gewürze und einiges mehr. Das alles wurde auf einem großen Tisch ausgebreitet und zusammen mit den TeilnehmerInnen gingen Barbara und Miniyas tastend und fühlend die verschiedenen Materialien durch, beschrieben und benannten diese.
"Wichtig war für mich auch in diesem Workshop die Erfahrung, die die Teilnehmer im Prozess der Gestaltung mit sich, mit den Materialien und den unterschiedlichen Techniken machen würden." (Barbara Nascimbeni). Der erste Schritt in diesem Prozess war das Ausprobieren der unterschiedlichen Übungen auf Papier.
Als Erstes stanzten die Teilnehmer*innen mit Nadeln Formen in das Papier, die eine interessante fühlbare Oberfläche auf der Rückseite ergaben.
Als Nächstes stanzten sie mit Hilfe unterschiedlicher Plastikschablonen - Tiere, Schiffe, Zug, Flugzeug, Autos - Formen nach und malten diese farbig mit Acrylfarbe an. Sie selbst suchten dabei die Farben für das Ausmalen ihres Bildes aus. "Öfters wurden wir gefragt, ob das Bild gut aussieht.
Und es sah gut aus! So haben sie weiter experimentiert: Mit dem Ausschneiden, Kleben von farbigem Papier und Materialien, mit ihrem Aussuchen von Farben und Oberflächen." (Barbara Nascimbeni)
Barbara und Miniyas beobachteten, dass die Frauen und Männer, die spät erblindet waren, aus der Erinnerung des Gesehenen zeichnen konnten, während diejenigen, die blind geboren oder seit früher Kindheit erblindet waren, eher abstraktere Bilder herstellten.
"Am letzten Tag haben wir Papiere mit Kerzenwachs und schwarzer Tusche bestrichen.
Mit einem spitzen Bleistift oder Kugelschreiber haben die Frauen und Männer die Oberfläche eingeritzt und konnten mit den Fingern fühlen, was Sie gemalt hatten. All diese Bätter sind ganz toll geworden, jedes auf seine Art, genauso wie die Arbeiten an den anderen Tagen. Miniyas und ich waren sehr berührt und beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, dem Engagement und der Kreativität der Teilnehmer*innen. Unsere Begegnung mit den Frauen und Männern war sehr intensiv; unsere Kommunikation hat zum großen Teil über die Berührung unserer Hände stattgefunden. Es war für alle eine tolle und außergewöhnliche Erfahrung." (Barbara Nascimbeni)
Auch mit diesen Arbeiten gab es eine Ausstellung, auf der viele Bilder verkauft wurden. Der Erlös ging an die Künstler*innen.
Der dritte Illustrations-Workshop fand in dem Kinderprojekt Let me be a child statt. Barbara und Miniyas hatten viel Spaß mit den Kindern und diese mit dem Schneiden, malen, kleben ...
Der Workshop mit den Student*innen wurde vom Goethe-Institut Addis Abeba organisiert und finanziert.
Die Workshops für "Together!" und "Let me be a child" wurden von "Hilfe für Afrika e.V." finanziert.
Ich half überall dort mit, wo Unterstützung gefragt war. Alle Beteiligten hatten viel Freude an den Illustrations-Workshops.
Nach diesen sehr intensiven Workshop-Tagen fuhren Barbara und ich nach Harrar, der historischen Stadt im Süden Äthiopiens, wo wir viele bunte, lebendige und wunderbare Begegnungen und Anregungen hatten ... so bunt, wie dieses Bild in unserer Pension in der Altstadt :)