Rezension von "Ich kehre zurück, Dadabè"
Mit authentischem Leben gefüllt
„Ich kehre zurück, Dadabé“
von Tordis Schuster
Zugegeben: Es ist etwas beschwerlich, anzukommen im Dorf Morakondro in Madagaskar, in dem die Protagonistin dieses Buches lebt. Todisoa, genannt Toddy, ist die älteste Tochter einer fünfköpfigen Familie, den Großvater Dadabé mit eingerechnet. Ihre Welt balanciert zwischen ethnischen Riten, Mythen und Geschichten und der immer präsenten Natur, Bedrohung und Ernährerin in einem, Schutz und Spielort kindlicher Fantasie.
Doch es lohnt sich, dort hinein zu schlüpfen. Hat man sich erst eingelebt, geht man neben Toddy durch den sagenumwobenen Wald zur Schule, hilft der Mutter beim Kochen, liebt Fliegennetze und wünscht sich genauso wie Todisoa, das Riesenrad in der großen Stadt zu sehen.
Kaum in dieser Welt angekommen, zerstört ein Sturm das Haus der Familie und damit Toddys bekanntes Leben. Die Geschichte beginnt, wir müssen mit. Toddys Vater will mit seiner Familie sein Glück in der Stadt versuchen - gegen den Willen der Mutter, der Kinder, trotz Warnungen der Dorfbewohner. Dass das sicher nicht gut gehen wird, rufen auch wir dem Vater zu. Doch der will nicht hören.
Todisoas Begeisterung für die kleine schönen Dinge in der Stadt steckt an. Die Häuser wirken „so, als würden sie auf- und übereinander klettern“. Doch es folgen Wohnungs- und Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg. Die Kinder betteln und leiden Hunger. Todisoa fragt sich, wer hier in der Stadt das Glück bringt, wo es doch keinen Wald mit den Wichteln „Kalanoro“ gibt, die das normalerweise übernehmen. Wir und Todisoa fühlen uns ausgeliefert und haben Sehnsucht nach dem alten Leben, das sich nun in der Erinnerung verklärt und romantisch anfühlt.
Todisoa wird nun immer mehr ein recht erwachsenes Kind. Sehr reflektiert begreift sie Zusammenhänge, hinterfragt das Verhalten ihrer Eltern und leidet unter ihrer kindlichen Ohnmacht. Sie fragt sich, ob sie eine gute Tochter ist, sie ist wütend auf ihren alleine entscheidenden Vater und hat Angst vor der Zukunft. Und zudem ist sie die Starke, die Verantwortung schwer trägt. Etwa, als die kleinen Geschwister verschwunden sind oder der Vater ins Gefängnis muss.
Das alles kann man nicht ertragen, ohne eine klein bisschen erwachsener zu werden.
Den Erwachsenen wünscht man das Erwachsenwerden in diesem Buch oft etwas früher, Todisoa dagegen etwas später. Ankommen werden schließlich alle. Denn zuletzt siegt die Sehnsucht, die das ganze Buch durchzieht. Wie Großvater Dadabé gesagt hat.
Dieses Buch vereint die großen Menschheitsthemen: Existenzängste, Fragen nach dem Sinn, Freundschaft, Familienalltag, Spiel und Lernen. Das kennen wir, das zieht uns mit. Man mag Längen auf Grund zu flacher Spannungsbögen kritisieren - dieses Buch möchte etwas anderes, was ihm außerordentlich gut gelingt: Wir spüren Todisoa mit all ihren Wünschen und Ängsten in dieser völlig fremden Welt, da die Autorin sie mit authentischem Leben füllt und uns dabei begleitet.
Nasrin Siege
„Ich kehre zurück, Dadabé“
Brandes & Apsel, 2011
160 S., 14,90 Euro
ISBN 978-3860997130